Vermögensteuer: Wann, wenn nicht jetzt
Mit ehrlicher Arbeit wird man kaum MillionärIn. Vermögensteuer würde nur Superreiche treffen. Europa zieht an uns vorbei. Auch das Argument der möglichen Steuerflucht zieht nicht. Wer zahlt, schafft an?
Mit ehrlicher Arbeit wird man kaum MillionärIn
Laut Global Wealth Report gab es zwar in Österreich 2021 über 270.000 Dollar-MillionärInnen, aber für alle, die sich Hoffnungen machen, selbst irgendwann zu dieser illustren Runde zu gehören, haben wir schlechte Nachrichten. Mit ehrlicher Arbeit ist es in einem (Berufs-)Leben nicht möglich, auch „nur“ eine Million Euro anzuhäufen.
Der/Die durchschnittliche ArbeitnehmerIn müsste dafür rund 40 Jahre arbeiten, ohne Geld für Wohnen, Essen, Kleidung oder Urlaub auszugeben. Obwohl Österreichs Beschäftigte mit fast 38 Arbeitsjahren in Sachen Arbeitsdauer weit über dem EU-Schnitt liegen, ist das Million-Ziel für Normalsterbliche also nicht erreichbar.
Wer wirklich reich werden will, muss erben.
Vermögensteuer würde nur Superreiche treffen
Modelle für eine vernünftige Vermögensteuer ziehen eine Grenze von rund einer Million Euro ein, die steuerfrei sein sollen. Das heißt, für die erste Million Euro wäre gar nichts zu bezahlen. Das würde nur die reichsten vier bis fünf Prozent der Haushalte in Österreich treffen. HäuslbauerInnen wären nicht betroffen. Von „Mittelschicht“ kann also keine Rede sein. Eine solche Vermögensteuer könnte jährlich etwa fünf Milliarden Euro für den Sozialstaat bringen.
Das Argument, die Mittelschicht sei betroffen, stimmt vielmehr für die derzeitige Situation: Bereits existierende vermögensbezogene Steuern – von der Grunderwerbsteuer bis zur Grundsteuer – belasten kaum die Spitze der Verteilung, deren wichtigste Vermögensbestandteile (Finanzanlagen und Unternehmensbeteiligungen) de facto steuerbefreit und die Erträge daraus steuerbegünstigt sind. Hingegen sind vor allem die vielzitierten und -instrumentalisierten „Häuslbauer“ betroffen, wie Finanzwirtschaftsexperte Mario Hübler kürzlich in einem Kommentar in der Tageszeitung „Der Standard“ aufzeigte.
Die EU-Kommission hat Österreich bereits 2019 empfohlen, das Steuersystem umzugestalten: runter mit den Abgaben auf Löhne, hin zu „wachstumsfreundlicheren Einnahmequellen“ – wie Erbschafts- und Vermögenssteuern.
Durch das Fehlen einer Vermögensbesteuerung gehen unserem Staat Milliarden verloren. AK-Chefökonom Markus Marterbauer berechnete, dass eine Erbschaftssteuer allein im Falle des vor Kurzem verstorbenen Red-Bull-Chefs Dietrich Mateschitz drei Milliarden Euro für das Sozialsystem gebracht hätte. Mateschitz selbst, der seinen Hinterbliebenen 25 Milliarden steuerfreie Euro hinterlässt, befand eine Vermögenssteuer als „durchaus fair und legitim“.
Europa zieht an uns vorbei
Der Rest Europas zieht in Sachen faire Besteuerung an uns vorbei. Denn nur in fünf europäischen Ländern gibt es keine Erbschaftssteuern. Damit gehen dem Sozialstaat nicht nur Unsummen verloren, es ist auch für das soziale Gleichgewicht im Land fatal. Sebastian Leitner, Wirtschaftsexperte am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche, hat gezeigt, dass Erbschaften in Österreich hauptverantwortlich für die ungleiche Verteilung des Wohlstands sind. 7 von 10 Haushalten in Österreich erben übrigens gar nichts.
Mit den Einnahmen aus einer Millionärssteuer, einer Erbschaftssteuer und der Rücknahme der geplanten Körperschaftsteuer-Senkung könnten jedes Jahr rund 6,5 bis 7 Milliarden Euro eingenommen werden, die in Bereichen wie Bildung, Pflege, Gesundheit, Klimaschutz und soziale Absicherung mehr als dringend benötigt werden.
Auch das Argument der möglichen Steuerflucht zieht nicht
Zum einen kann z.B. Immobilienvermögen nicht so leicht außer Landes gebracht werden, zum anderen kann Steuerflucht verhindert werden, indem zum Beispiel die Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft gekoppelt wird, deren Aufgabe eine „Exit Tax“ zur Folge hätte, wie manche ExpertInnen vorschlagen.
Wer zahlt, schafft an?
Eine Studie des Sozialministeriums aus dem Jahr 2019 zeigt, dass Menschen mit hohem Einkommen und Vermögen sich mehr für Politik interessieren. Lässt sich das auf das Wahlverhalten der Menschen umlegen, ist das eine Gefahr für die Demokratie. Denn reiche Menschen wählen in ihrem eigenen Interesse.
Wenn Menschen mit wenig Vermögen und Einkommen nicht wählen, werden sie als Wählergruppe für die Politik weniger wichtig. Das erhöht die Gefahr, dass Politik im Sinne der Reichen gemacht wird – noch stärker als bisher, so die Studie.
Aber reiche Menschen interessieren sich nicht nur mehr für Politik, sie können sie auch direkt beeinflussen. Zum Beispiel durch Parteispenden. Superreiche spenden große Beträge an Parteien, die ihre Interessen vertreten. Diese machen die Politik in diesem Land – und sorgen unter anderem dafür, dass es keine weiteren vermögensbezogenen Steuern gibt. Laut aktuellem Regierungsprogramm soll es sogar weitere Steuerzuckerln geben.
Der ÖGB fordert
Dass die geplante Senkung der Unternehmensgewinnsteuer (Körperschaftsteuer) gestoppt wird. Denn dadurch würde dem Sozialstaat jedes Jahr fast eine Milliarde Euro entgehen.











